Der richtige Zeitpunkt für Veränderungen
Schlägt man die Tageszeitung auf, so liest man von immer tiefer über unseren Innenstädten hängenden Wolken. Der digitale und der demographische Wandel, ein verändertes Konsum- und Mobilitätsverhalten und die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind Reizfaktoren von rasanten und tiefgreifenden Veränderungen. Anforderungen, Funktionen und der Stellenwert der Innenstädte werden auf den Prüfstand gestellt und einer grundlegenden Neubewertung unterzogen. Auch am Oberzentrum Wiesbaden geht diese Diskussion nicht spurlos vorbei.
DER GESAMTPROZESS
Seit Jahrhunderten befindet sich die Innenstadt von Wiesbaden im Wandel und hat sich immer wieder dem Zeitgeist und neuen Entwicklungen angepasst. Im historischen Fünfeck (der Einkaufsinnenstadt Wiesbadens) sind aktuell mehrere Leerstände und auch Schlüsselimmobilien vorhanden, wie die Citypassage, die Karstadt Sports-Immobilie und das Walhalla-Theater. In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl an gestalterischen Aufwertungsmaßnahmen. Nichts desto trotz bestehen hinsichtlich der Nutzungsstruktur und der Gestaltung Schwächen im Bestand.
Rahmenbedingungen der Innenstadtentwicklung Wiesbaden haben sich verändert
Neben den am Standort Wiesbaden selbst zu beobachtenden Veränderungen haben sich auch die Voraussetzungen für Innenstädte mit der Zeit gewandelt:
…Der fortschreitende Strukturwandel im Einzelhandel in Verbindung mit dem steigenden Anteil des Onlinehandels stellt den Handelsstandort Innenstadt vor neue Herausforderungen. Es gilt diesen als multifunktionalen Raum weiterzuentwickeln.
…Wurde das „Einkaufen“ noch vor einer Dekade als bestimmender Faktor für eine Innenstadt angesehen, rücken heute andere Nutzungen neben den Einzelhandel in den Fokus. Die Gastronomie spielt dabei eine zentrale Rolle.
…Die Konkurrenz innerhalb der Stadt Wiesbaden, aber auch mit Standorten in der Region, hat sich deutlich intensiviert.
…Verändertes Mobilitäts‑, Käufer- und Konsumverhalten bestimmen den Rahmen einer weiteren Innenstadtentwicklung; die Innenstadt hat dabei die ausdifferenzierten und hybriden Besucherwünsche zu erfüllen.
Masterplan mit breitem Beteiligungsansatz
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen, aber der z. T. fundamentalen veränderten Rahmenbedingungen (Stichwort: digitaler Wandel, Corona-Pandemie) hat die Landeshauptstadt Wiesbaden nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren mit der GMA als Auftragnehmerin erstmals einen Masterplan Innenstadt entwickelt. Für die Bearbeitung wurden zahlreiche unterschiedliche Analyseschritte durchgeführt und Beteiligungsformate entwickelt, um ein möglichst verlässliches und vielschichtiges Bild von der Wiesbadener Innenstadt zu erhalten und eine große Beteiligung der Innenstadtakteure zu ermöglichen. Die Bearbeitung des Masterplans wurde durch eine Lenkungsgruppe, besetzt aus den relevanten Dezernaten, begleitet.
Corona als Game-Changer: Passantenfrequenz auf dem Prüfstand
In der Analysephase wurde eine detaillierte Bestandsaufnahme in der Innenstadt durchgeführt. Ein Fokus lag hier auf der Einzelhandelserhebung und Nutzungskartierung sowie einer Analyse der Passantenfrequenzen. Darüber hinaus wurden die Einzelhändler und Gastronomen im Rahmen einer Online-Befragung beteiligt und um ihre Einschätzung zur Situation in der Innenstadt befragt. Mehr als 110 Betriebe haben sich an sich dieser Befragung beteiligt und sowohl Aussagen zur Bewertung der Wiesbadener Innenstadt als auch zu den Herausforderungen und Veränderung in Folge der Corona-Pandemie getroffen.
Beteiligung breiter Bürgerschichten, Workshops, Brainstorming….
Herzstück des Prozesses war der breit angelegte Dialogprozess. Hier wurden neben einer Bürgerbeteiligung über das städtische Portal „dein.wiesbaden.de“ fünf Expertenworkshops im Oktober und November 2020 durchgeführt. In einem Auftakt zum Workshop „Zukunft.INNENSTADT“ wurde die Ist-Situation diskutiert und Stärken-Schwächen-Profile durch die Teilnehmer erarbeitet. Des Weiteren wurden hier erste Visionen und Maßnahmen für die Zukunft der Wiesbadener Innenstadt in einem Brainstorming zusammengetragen. In den nachfolgenden vier Themen-Workshops (siehe Abbildung 3) wurden die bestimmenden Innenstadt-Themen und zukunftsweisenden Herausforderungen diskutiert sowie Ziele, Ideen und räumliche Ansätze für eine Weiterentwicklung erarbeitet.
… unter Pandemiebedingungen nur Online denkbar und umsetzbar!
Aufgrund der Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie wurde im laufenden Prozess das Format von einer Präsenzveranstaltung zu digitalen Workshops umgestellt. Hier kamen verschiedene Moderationstechniken sowohl klassischer als auch in digitaler Form (z. B. Live-Umfragen, Mural, digitale Pinnwand) zum Einsatz.
Verknüpfung und Synchronisation als Zukunftsaufgabe der Planung
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass in Wiesbaden bereits eine Vielzahl sektoraler Konzepte vorliegt, die thematisch auch Bestandteil der Workshops und der Weiterentwicklungsempfehlungen sind. Wesentlich für die Transformation der Innenstadt wird jedoch sein, all diese Ideen und Konzepte zusammenzuführen und die Maßnahmen, die die Innenstadt betreffen, zu bündeln und untereinander abzustimmen. Die Realisierung eines konzertierten Ansatzes bedarf nicht zuletzt einer langfristigen Zusammenarbeit und dem Engagement aller Akteure, Mut zur Veränderung und Freude an der Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen. Um die Komplexität der Informationen zu reduzieren wurden sowohl die Workshops als auch die Maßnahmen zu fünf Schwerpunktthemen zusammengeführt (siehe Abbildung Workshopthemen). Aus über 100 entwickelten Maßnahmen wurde der Maßnahmenkatalog erstellt, welcher auch in der Lenkungsgruppe bewertet und priorisiert wurde. Sowohl das Ad-hoc-Maßnahmenprogramm als auch eine Corona Restart ‑Kampagne wurden direkt nach Vorlage des Masterplans im Frühjahr 2021 begonnen, um so der Innenstadt einen kreativen und expressiven Neustart zu ermöglichen:
Der im Sommer 2021 erfolgte Grundsatzbeschluss zum Masterplan Innenstadt Wiesbaden führte zur Einrichtung einer „AG Umsetzung Masterplan Innenstadt“ mit einem ämterübergreifenden Teilnehmerkreis. Die Umsetzung der ersten Maßnahmen durch das Referat für Wirtschaft und Beschäftigung — vor allem durch Citymanager Axel Klug – erfolgte zeitnah. Lesen Sie hier mehr dazu!
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